Auflösung FSD Wattwil: Ihr Einsatz bleibt unvergessen

Der Freiwillige Spitaldienst Wattwil löst sich auf. Der unermüdliche Einsatz der Helferinnen hat während über 40 Jahren unzählige Patientinnen und Patienten erfreut.

Viele Vereine müssen sich in der heutigen Zeit auflösen, weil sie ihre Ämter nicht besetzen können oder zu wenig Nachwuchs nachrückt. Mit diesem Problem musste sich der Freiwillige Spitaldienst (FSD) Wattwil nie herumschlagen. Seit der Gründung im Jahr 1978 hatte der Verein immer genügend Nachwuchs – von der erfahrenen Sorte. Denn seit vielen Jahren besteht der FSD hauptsächlich aus Frauen im Pensionsalter. Ganz zu Beginn seien auch einige Männer dabei gewesen, die einen Rotkreuzfahrdienst betrieben hätten, erzählt Margrit Zweifel. Wie viele der Frauen hilft die 78-Jährige Wattwilerin seit über 30 Jahren im FSD mit und ist stolz, dass der Verein immer aus rund 75 Mitgliedern bestanden hat.

Der Verein löst sich denn auch nicht wegen Mitgliederproblemen auf, sondern weil sich die Patientensituation in den Spitälern verändert hat. «Früher blieben die Patienten länger im Spital und waren sehr froh um unsere Dienste oder ein wenig Zeit, um mit uns ihre Sorgen zu teilen», sagt Margrit Zweifel. Doch heute seien die Spitalaufenthalte viel kürzer.

Coiffeursalon für das Spital finanziert

Als die Patienten noch länger hospitalisiert waren, bot der FSD zahlreiche Dienstleistungen an, um das Pflegepersonal zu entlasten und den Patienten Gutes zu tun. Der FSD bestand aus drei Gruppen, die sich um verschiedene Bereiche kümmerten: Sie pflegten die Blumen, betrieben im Spital Wattwil einen Kiosk und transportierten bettlägerige Spitalaufenthalter für den Gottesdienst in die Kapelle. «Im alten Spital waren es teilweise weite Wege bis zur Kapelle, sodass die Patienten sich fast Sorgen machen mussten, ob wir sie rechtzeitig zum Gottesdienstbeginn transportiert haben würden», erinnert sich Margrit Zweifel lachend.

Der Kiosk bildete das Herzstück der FSD-Aktivitäten, seine Einnahmen reinvestierten die Damen ins Spital Wattwil und konnten etwa einen Coiffeursalon und zwei Kinderspielecken finanzieren. Doch der Kiosk war auch im Alltag praktisch: Falls die Patienten Hygieneartikel wie Rasierer oder Nagelzangen zu Hause vergessen hatten, konnten sie diese im Kiosk beziehen. Auch Geschenkartikel – viele davon selbst hergestellt – durften im Sortiment nicht fehlen. Der Kiosk lag Margrit Zweifel sehr am Herzen, da sie den Einkauf besorgte und als Kassierin amtete.

Ausgeprägter Teamgeist unter den Damen

«Besonders geschätzt haben wir die vielen Begegnungen mit den Patienten, etwa beim Weihnachtsgeschenkeverteilen am 23. Dezember. Das waren sehr schöne, manchmal aber auch schwierige Momente», sagt Margrit Zweifel. Unter den helfenden Damen sei der Teamgeist sehr ausgeprägt gewesen, jede sei für die andere eingesprungen, wenn terminliche Probleme aufgetreten seien. «Unserem Engagement begegneten die Menschen mit viel Dankbarkeit», sagt die 78-Jährige. Dass nicht nur die Patientinnen und Patienten, sondern auch die Spitalmitarbeitenden für das Engagement der FSD-Frauen dankbar waren, zeigte sich auch dadurch, dass René Fiechter, CEO der SRFT, bei vielen Hauptversammlungen des FSD anwesend war. Dies sei ein starkes Zeichen der Wertschätzung gewesen, so Margrit Zweifel. «Der FSD war eine sehr wertvolle Unterstützung und die Anwesenheit der Damen sowohl für Patienten als auch Mitarbeitenden immer eine Freude», sagt René Fiechter. Er bedaure die Auflösung des Vereins sehr, könne diesen Entscheid aber gut nachvollziehen. «Schon heute benötigen die Patienten aufgrund der immer kürzer werdenden Aufenthaltsdauer die Dienstleistung des Vereins immer weniger. Und mit Umsetzung der Spitalstrategie werden dann sämtliche Aufgaben wegfallen», so der CEO.

Zwar habe sich schon länger abgezeichnet, dass die Zukunft des FSD schwierig werden könnte. Beispielsweise, als ab dem Umbau des Spitals Wattwil 2016 kein Platz mehr für den Kiosk vorhanden war. «Trotzdem sind wir alle ungläubig, dass es nun zu Ende geht. Doch die Zeit bringt Veränderungen und dagegen können wir uns nicht wehren», sagt die Wattwilerin. Die Mitglieder hätten sie kürzlich per Brief über die Vereinsauflösung informiert. Viele würden bestimmt mit Wehmut aber auch mit Stolz zurückblicken, so Zweifel.

Nach dem Vorbild der «Pink Ladies»

Der Blick ganz zurück an den Anfang offenbart denn auch eine spannende Anekdote: Die Idee für die Gründung des FSD Wattwil war entstanden, weil Ende der Siebzigerjahre dem damaligen Chefarzt des Spitals Wattwil Reinhard Fischer in einem amerikanischen Spital Helferinnen in pinken Schürzen auffielen. Sie nannten sich die «Pink Ladies» und halfen den Patienten aus freien Stücken. Fischer kam zurück in die Schweiz, wo sich Hedwig Brocker, die Frau des damaligen Gemeindeammans, von der Idee begeistern liess und den FSD ins Leben rief. Auch wenn die hiesigen Helferinnen keine auffälligen, pinken Schürzen trugen – ihr Einsatz bleibt unvergessen. 

Vier von unzähligen prägenden Gesichtern des Freiwilligen Spitaldiensts Wattwil, von links: Monika Schneller (Blumenpflege), Maria Loser (Gottesdienste), Elsbeth Schneider (Aktuarin und Revisorin) und Margrit Zweifel (Kassierin und Kioskleiterin).